Traktandum 1

Eröffnung der Landsgemeinde

Frau Landammann Marianne Lienhard hält ihre Landsgemeinderede

Hochgeachteter Herr Landesstatthalter

Hochgeachtete Damen und Herren der administrativen und richterlichen Behörden

Hochvertraute, liebe Mitlandleute

Teilhaben, Mitbestimmen, Einbeziehen, diese Begriffe stehen für allgemein gültige Massstäbe in unserem Zusammenleben. Sie bilden auch die Grundmauern eines demokratischen Staates. Die Landsgemeinde bietet uns Glarnerinnen und Glarnern diese einmalige Möglichkeit der politischen Partizipation, an der Entscheidfindung teilzuhaben und die Zukunft unseres Kantons mitzubestimmen.

In diesem Jahr feiern wir das Jubiläum zu 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz. Die Gesellschaft war damals noch eine andere. Die Rollen innerhalb der Familie waren klar zugewiesen und galten für alle.

Die Frauen hatten vorwiegend der Kindererziehung und dem Haushalt zu dienen. Gesellschaftliche und politische Entscheide fällten ausschliesslich die Männer. Auf der Zeitachse der modernen Eidgenossenschaft hat man die Teilhabe der Frauen an der Politik kläglich vernachlässigt.

Selbstverständlich gelang es aber auch Frauen in der damaligen Zeit, Akzente jeglicher Art zu setzen. Ihnen gebührt ein besonderer Dank. Mit unermüdlichem Wille und Kampfgeist haben sie den Durchbruch geschafft, was dann zur Einführung des Frauenstimmrechts führte.

Obwohl das Glarner Stimmvolk die nationale Vorlage im 1971 an der Urne noch ablehnte, führte nur wenige Monate später die Landsgemeinde 1971 das vollständige Frauenstimmrecht auf allen Ebenen ein. Glarus war damit ab 1972 der erste Landsgemeindekanton mit Frauenbeteiligung.

Wir versammeln uns heute zum ersten Mal seit 2 1⁄2 Jahren zu einer Landsgemeinde. Nicht einmal unsere Verfassung hat das Vorgehen geregelt, falls eine Landsgemeinde nicht stattfinden kann.

Corona hat uns Freiheiten geraubt und es scheint, dass sobald wir uns wieder an mehr Freiheiten bedienen, Corona wieder zurückschlägt.

Der Kampf gegen Corona und gegen unsere Freiheit ist leider noch nicht ausgestanden. Gerade das Bestreben nach Freiheit erfordert auch Solidarität mit den verletzlichen Personen und Rücksicht, um eine unkontrollierte Verbreitung des Virus zu verhindern.

Dank dem medizinischen Fortschritt müssen wir dem Vormarsch von Corona nicht tatenlos zusehen, mit der Entwicklung von Impfstoffen haben wir eine Waffe in der Hand, diesem unsichtbaren Feind auf Augenhöhe zu begegnen.

Corona hat Leid in Familien gebracht und Corona hat Existenzen zerstört. Wir denken heute besonders auch an diese Personen.

Am 7. Januar 2021 verstarb alt Regierungsrat Kaspar Zimmermann. Kaspar Zimmermann diente dem Kanton Glarus von 1971 bis 1988 als Landrat und war 1985/86 dessen Präsident. 1988 erfolgte die Wahl in den Regierungsrat. Er stand bis zu seinem Rücktritt im Jahr 1997 der Sanitäts- und Fürsorgedirektion vor.

In seine Amtszeit fiel als wohl wichtigstes Geschäft die Gesamtsanierung des Kantonsspitals, für welche die Landgemeinde 1993 einen Kredit von 92 Mio. Franken bewilligte. Wir danken ihm über das Grab hinaus für seinen Einsatz für Land und Volk des Kantons Glarus.

Auf Ende April 2021 ist Regierungsrat Rolf Widmer von seinem Amt zurückgetreten.

Seine politische Karriere begann 1998 mit der Wahl in den Landrat, dem er bis 2004 angehörte. 2004 wurde er in den Regierungsrat gewählt und übernahm vorerst die Direktion für Landwirtschaft, Wald und Umwelt. 2006 erfolgte der Wechsel in das neue Departement Finanzen und Gesundheit. Von 2016 bis 2018 amtete er als Landammann. Sein Hauptverdienst war die nachhaltige Sanierung unserer Kantonsfinanzen. Wir danken ihm für sein grosses Engagement für unseren Kanton, zuletzt auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie.

Markus Heer ist auf Ende April von seinem Amt als Verwaltungsgerichtspräsident zurückgetreten. Markus Heer wurde an der Landsgemeinde 2011 zum Verwaltungsgerichtspräsidenten gewählt. Während 10 Jahren nahm er sehr kompetent sein Amt wahr. Wir danken ihm für seine zehnjährige Führung des Verwaltungsgerichts. Mit seiner Wahl in den Regierungsrat wird er weiterhin dem Land und Volk von Glarus dienen.

Lassen Sie uns jetzt raten, mindern und mehren in Freiheit und Verantwortung. Und so hoffen wir, dass es uns auch heute gelingt, die traktandierten Wahl- und Sachgeschäfte zum Nutzen und Gedeihen unseres Kantons zu treffen.

In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes und erkläre die Landsgemeinde 2021 als eröffnet.

Glarus, 5. September 2021
Frau Landammann Marianne Lienhard

(Textversion, es gilt das gesprochene Wort)