Regierungsrätin, Departement Volkswirtschaft und Inneres, SVP
Hochgeachteter Herr Landesstatthalter
Hochgeachtete Damen und Herren der administrativen und richterlichen Behörden
Hochvertraute, liebe Mitlandleute
Die Zeichen der Zeit erkennen, tragfähige Lösungen suchen, entscheiden und handeln. So simpel kann die politische Arbeit dargestellt werden.
Die Zeiten ändern sich und mit ihr die Gesellschaft in ihrem Verhalten und mit ihren Bedürfnissen. Es ist Aufgabe der Politik, veränderte Bedürfnisse aufzunehmen und die Rahmenbedingungen für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenleben anzupassen. Gerade das System der direkten Demokratie bietet den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl von Instrumenten, mit denen politische Änderungen herbeigeführt werden können und zwar auf allen drei Staatsebenen. Auf Bundesebene können mittels Initiativen Volksabstimmungen herbeigeführt werden, im Landsgemeindekanton Glarus kann dasselbe mit einem Memorialsantrag erwirkt werden. Auch heute werden Sie über mehrere Memorialsanträge befinden können. Die Landsgemeinde ist in der Lage, über eine Vielzahl von Geschäften innert wenigen Stunden zu entscheiden und darüber hinaus über Abänderungsanträge zu raten, zu mindern und zu mehren.
Soweit die Frage erlaubt ist, ob die Landsgemeinde immer noch eine zeitgemässe Form zur Bewältigung der politischen Entscheidungen ist, antworte ich Ihnen mit einem klaren Ja. Hochvertraute, liebe Mitlandleute, wie sonst könnten Sie die Zukunft unseres Kantons direkt mitbestimmen, indem Sie einen Antrag durch Wortmeldung an Ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger stellen. Die Landsgemeinde hat in der jüngeren und älteren Vergangenheit mehrfach bewiesen, progressive Entscheide zu fällen. Sie tat dies immer dann, wenn Änderungen angezeigt waren, diese dem Landrat aber zu radikal erschienen.
Heute vor 50 Jahren waren die Frauen erstmals berechtigt, an einer Landsgemeinde teilzunehmen. Glarus war damit ab 1972 der erste Landsgemeindekanton mit Frauenbeteiligung. Doch die Gleichstellungsfrage zwischen den Geschlechtern beschäftigt uns auch 50 Jahre später noch.
Die voranschreitende demographische Entwicklung der Bevölkerung stellt eine wesentliche gesellschafts- und sozialpolitische Herausforderung dar. Sie hat starke Auswirkungen auf unsere Sozialwerke mit dem bewährten drei-Säulen-Prinzip. Insbesondere die Gesetzgebungen über die AHV sowie diejenige über die berufliche Vorsorge verlangen nach Erneuerungen. Damit dies gelingt, bedarf es den Einbezug aller Generationen. Und es wird nur tragfähige Lösungen geben, wenn sich Frauen wie Männer, Junge und Ältere kompromissbereit einbringen.
Die heute 60-jährigen Frauen hatten nicht dieselben Möglichkeiten ihre Altersguthaben zu bilden wie ihre gleichaltrigen Männer und dennoch soll das Rentenalter für die Frauen auf 65 angehoben werden.
Das Bundesparlament ist mit dieser Ausgangslage sorgfältig umgegangen und hat für die Frauen der Übergangsgeneration Ausgleichszahlungen vorgesehen. Zur Bereinigung der AHV-Reform werden wir demnächst an die Urne gerufen. Für die soziale Gerechtigkeit ist es von Bedeutung, die Weichen für die Zukunft jetzt zu stellen.
Wir schreiben das Jahr 2022 und an den Grenzen zu Europa herrscht Krieg. Was lange für unwahrscheinlich galt, wurde leider Realität. Die Konfliktparteien sind gezwungen, ihr Handeln für den Schutz und das Wohle ihrer Bevölkerung hinter die Interessen des Krieges zu stellen.
Wenn wir uns heute auf dem Landsgemeinde-Ring versammeln, dürfen wir dies in Freiheit und im Vertrauen auf unseren Staat tun. Gedenken wir heute allen, denen dieser Schutz nicht zukommt.
Nach knapp zwei Jahren Amtszeit gebe ich heute das Landammannschwert weiter. Diese Aufgabe hat mich gefordert, aber auch mit Genugtuung und Stolz erfüllt. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen danke ich Ihnen hochvertraute, liebe Mitlandleute ganz herzlich. Lassen Sie uns jetzt raten, mindern und mehren in Freiheit und Verantwortung. Und so hoffen wir, dass es uns auch heute gelingt, die traktandierten Wahl- und Sachgeschäfte zum Nutzen und Gedeihen unseres Kantons zu treffen.
In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes und erkläre die Landsgemeinde 2022 als eröffnet.