Traktandum 12
Memorialsantrag „Mundart im Kindergarten“
Die Landsgemeinde folgt dem Antrag des Landrates
Der im Oktober 2011 erheblich erklärte Memorialsantrag der SVP fordert, im Bildungsgesetz in den ersten beiden Jahren nach der Einschulung (Kindergarten) grundsätzlich die Mundart als Unterrichtssprache vorzuschreiben und die Standardsprache erst ab dem dritten Jahr (Primarstufe) vorzusehen. Die Mundart sei wichtiger Teil unserer Kultur und Identität. Kinder aus fremdsprachigen Kulturen könnten sich dank der Mundart besser integrieren. Regierung und Landrat lehnen den Memorialsantrag ab. Bei der Einführung der zweiten Fremdsprache an der Primarstufe wurden die Stundentafeln angepasst und als Vorbereitung auf Fremdsprachen die Standardsprache (Hochdeutsch) als Unterrichtssprache gestärkt. Eine 2008 erlassene Weisung forderte, an den Kindergärten den Hochdeutschanteil der Lehrpersonen nach und nach auf bis zu zwei Drittel zu erhöhen. Die Kinder durften aber in Mundart sprechen. Diese Weisung wurde per August 2012 revidiert: Im Kindergarten unterrichten seither die Lehrpersonen einen Drittel der Unterrichtszeit in Hochdeutsch. Kindergartenkinder sollen über das Hören und das «Selbst-Ausprobieren-Dürfen» in diese Sprachform hineinwachsen. Das Hörverstehen steht im Vordergrund. Es ist und war nie die Absicht, den Kindern das Hochdeutsch-Sprechen vorzuschreiben. Vorgaben zum Anteil Hochdeutsch betreffen allein die Lehrpersonen. Diese sprechen mehrheitlich – nämlich während zwei Dritteln der Unterrichtszeit – in Mundart und fördern so die schweizerische Kultur und Identität. Mundart und Hochdeutsch sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Kinder akzeptieren Hochdeutsch ganz selbstverständlich als eine Sprachform neben ihrer Mundart. Sie kennen diese Sprachform bereits aus ihrer Medienumwelt. Für Kinder mit Migrationshintergrund ist es wichtig, beide Sprachformen verstehen und beherrschen zu lernen. Die Mundart ist die Sprache der sozialen Integration. Vieles lernen Fremdsprachige in der Freizeit und von Gleichaltrigen. Oft aber können sie nur in der Schule lernen, etwas in der Mundart zu verhandeln. Bei der Alphabetisierung ist es für alle Kinder vorteilhaft, erste Kontakte mit dem Hochdeutsch gemacht zu haben. Die auf das Schuljahr 2012/13 vorgenommene Änderung der Weisung zur Unterrichtssprache verfolgt die gleichen Ziele wie der Memorialsantrag. Die Unterrichtssprache ist grundsätzlich im Lehrplan geregelt und liegt im Zuständigkeitsbereich des Regierungsrates. Eine Regelung auf Ebene des Gesetzes wäre nicht stufengerecht und widerspräche den Zielen des laufenden Projektes «Verwesentlichung der Rechtsetzung», das eine Überarbeitung und Verschlankung der Gesetzgebung beabsichtigt. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, den Memorialsantrag «Mundart im Kindergarten» abzulehnen.
- Kaspar Krieg
- Niederurnen
Kaspar Krieg macht sich als Fraktionspräsident der SVP des Kantons Glarus natürlich für den eigenen Antrag stark. «Es kann doch nicht sein», findet er, «dass in einem fortschrittlichen Kanton wie unserem die Jungen nicht mehr an der Landsgemeinde teilnehmen können, weil sie die Sprache nicht mehr verstehen.» Mundart sei ein Kulturgut, das auch die fremdsprachigen Kinder lernen sollen.
- Regula Keller
- Ennenda
Regula Keller findet, dass Hochdeutsch auch ein Teil der Schweizer Kultur sei. Somit sei wichtig, dass Kinder mit beidem – Mundart und Hochdeutsch – vetraut würden. Zudem gehöre eine Regelung zum Lehrplan nicht ins Bildungsgesetz. Der Memorialsantrag sei darum abzulehnen.
- Hanspeter Spälti
- Netstal
Im Namen der SP plädiert Hanspeter Spälti für die Ablehnung des Gesetzes. Durch die Regelung im Lehrplan sei das Ansinnen schon weitgehend erfüllt und umgesetzt. Er gibt zu bedenken, dass die Kinder sowieso diejenige Sprache reden dürften, welche sie möchten. Die Regelung gelte nur für die Kindergärtnerin. Er betont, dass es sinnvoll sei, die Kinder schrittweise an die Standardsprache heranzuführen. Diese sei entscheidend für die Zukunft der Kinder. Er stellt auch die Frage, was Mundart genau sei. Was man im Fall einer Kindergärtnerin aus dem Wallis oder dem grenznahmen Ausland machen würde.
- Olga Shostak
- Glarus
Olga Shostak setzt sich als Präsidentin der Jungfreisinnigen des Kantons Glarus für die Ablehnung des Antrags ein. «Eine derartige Regelung gehört nicht ins Gesetz», sagt sie. Zudem sei es gut, Kinder spielerisch an die hochdeutsche Sprache heranzuführen. Das erleichtere auch die Integration von Ausländerkindern, denen das entgegen der Behauptung der Befürworter mit Mundart nicht einfacher gemacht würde.
- Corina Briker
- Linthal
Corina Briker unterstützt den Antrag. Sie sei eine junge Glarnerin und angehende Kindergärtnerin. Für die Kinder sei es schon eine Umstellung, wenn sie in den Kindergarten kämen. Wenn dann noch das Hochdeutsch dazu komme, befürchtet sie eine Überforderung. Die Festschreibung ins Gesetz findet sie richtig, weil der Lehrplan verändert werden könne.
- Roger Schneider
- Mollis
Roger Schneider ist Gemeinderat in Glarus Nord und als solcher für die Schule zuständig. Er betont, dass sich auch Mundart im ständigen Wandel befinde. Unterrichtet werde an den Kindergärten in einem bewährten Mix aus Hoch- und Glarnerdeutsch. Jetzt einen Zwang zur Mundart im Bildungsgesetz zu verankern, sei falsch.
- Fridolin Luchsinger
- Landrat, Schwanden
Landrat Fridolin Luchsinger nimmt an, dass es den Kindern vermutlich völlig egal sei, was jetzt beschlossen werde. «Sie antworten auch künftig so, wie sie wollen.» Das Thema scheine zwar ein dankbares zu sein, aber: «Ich verstehe nicht, warum man solche Sachen ins Gesetz nehmen will», setzte auch er sich für die Ablehnung des Antrags ein.
- Christine Bickel
- Regierungsrätin, Niederurnen
Regierungsrätin Christine Bickel fasst zusammen, dass es für Kinder auch mit der Annahme des Memorialsantrags keine Vorschriften gebe, sondern diese nur den Lehrpersonen gemacht würden. Vergleiche mit anderen Deutschschweizer Kantonen hätten aber gezeigt, dass die Regelung, an Kindergärten zu einem Drittel in Hochdeutsch und zu zwei Dritteln in Mundart zu unterrichten, eine gute Lösung sei. Darum habe die Glarner Regierung auch die entsprechende Weisung geändert. «Machen Sie jetzt keine überflüssigen Gesetze», appellierte sie an die Stimmberechtigten, den Antrag abzulehnen.