Traktandum 9
Gesetz über den Bevölkerungsschutz
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Die Landsgemeinde folgt dem Antrag des Landrats.
Das Notrechtsgesetz von 1972 ist geprägt vom Kalten Krieg und veraltet. Seither änderte sich die sicherheitspolitische Lage grundlegend. Der Eiserne Vorhang ist gefallen; die Gefährdung durch einen bewaffneten Konflikt ist wenig wahrscheinlich; die Herausforderung liegt in der Bewältigung von Grossereignissen, Katastrophen und Notlagen wie Hochwasser, Terroranschläge, Erdbeben, wirtschaftliche Krisen (Versorgungsengpässe), Pandemien. Klare Regelungen der Zuständigkeiten von Gemeinden und Kanton, zum Zusammenwirken der Partnerorganisationen sowie Vorschriften zur Führungsorganisation fehlen oder sind nur rudimentär auf Verordnungsstufe geregelt.
Der Bevölkerungsschutz ist Verbundaufgabe von Bund, Kanton und Gemeinden. Die militärische Sicherheit ist primär Aufgabe des Bundes mit der Armee. Kanton und Gemeinden haben den Bevölkerungsschutz mit Polizei, Feuerwehr, Organen des Gesundheitswesens, technischen Betrieben bzw. Diensten und Zivilschutz sicherzustellen.
Der Bund regelt nur die Grundsätze des Bevölkerungsschutzes. Er trifft Anordnungen für den Fall von erhöhter Radioaktivität, für Notfälle bei Stauanlagen, Epidemien, Tierseuchen, Gewalt unterhalb der Kriegsschwelle und für den Fall eines bewaffneten Konflikts. Die Kantone treffen Massnahmen bei Katastrophen und Notlagen in den weiteren Bereichen. Im Einvernehmen mit den Kantonen kann der Bund Koordination und allenfalls Führung bei Ereignissen übernehmen, die mehrere Kantone, das ganze Land oder das grenznahe Ausland betreffen. Bund und Kantone arbeiten diesbezüglich zusammen. Die politische Verantwortung liegt bei den Exekutivbehörden von Kanton und Gemeinden, auch in Katastrophen und Notlagen. Eine spezialisierte Führungsorganisation kann Regierungs- bzw. Gemeinderäte unterstützen: Bei Alltagsereignissen (auch Grossereignissen) liegt die operative Führung bei der Einsatzleitung der im Einsatz stehenden Partnerorganisationen, meist Feuerwehr oder Polizei. Die spezielle Führungsorganisation kommt dann zum Einsatz, wenn mehrere Partnerorganisationen während längerer Zeit im Einsatz stehen, also bei Katastrophen, Notlagen, Gewalt unterhalb der Kriegsschwelle und bewaffneten Konflikten.Das neue Gesetz bringt eine systematische und umfassende Risikobeurteilung für den Kanton Glarus. Das Gesetz umfasst 26 Artikel in zehn Abschnitten. Kanton und Gemeinden haben (wie bisher) eine einheitliche Führungsorganisation. Die politische Verantwortung liegt bei Regierungs- und Gemeinderat, welche in schweren Krisen an Ausschüsse oder gar an einen Einzelnen delegiert werden kann, sofern zeitgerechte Entscheidungen nicht mehr durch das Gesamtgremium getroffen werden können. Unterstützung bieten aus Fachleuten und Vertretern der Partnerorganisationen gebildete spezielle Führungsstäbe. Kantone, Gemeinden und Partnerorganisationen sind verpflichtet, zusammenzuarbeiten. Die Partnerorganisationen tragen die Verantwortung für ihre Aufgabenbereiche und unterstützen sich gegenseitig; ihre Aufgaben und ihre Organisation sind in eigenen Gesetzen geregelt. In Krisensituationen können zudem vom Gesetz abweichende Massnahmen erforderlich sein (z.B. Requisitionen, Zwangsverpflichtung von Fachpersonal). Dafür werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen.
Die Verbundaufgabe ist nach dem Subsidiaritätsprinzip zu organisieren. Vorerst haben die betroffenen Gemeinden alle erforderlichen Massnahmen zu treffen. Erst wenn ihnen die Mittel dazu fehlen oder es einer Koordination zwischen den Gemeinden bedarf, soll sich der Kanton einschalten und die Führung übernehmen. Der Kanton ist nur ausnahmsweise primär zuständig, z. B. bei Gesundheitsgefährdung (Epidemien, Seuchen usw.), Gewalt unterhalb der Kriegsschwelle, bei bewaffneten Konflikten oder wenn mehrere Gemeinden betroffen sind. Eine Gemeinde kann aber den Kanton um Hilfe oder Führung ersuchen.
Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, dem Entwurf für ein neues Gesetz über den Bevölkerungsschutz zuzustimmen.
Das Wort wird nicht verlangt.