Traktandum 16
Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe
A. Einführung Sozialinspektion, weiterer Anpassungsbedarf
B. Einführung Schulsozialarbeit
C. Anpassung von Rechtserlassen
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Der Antrag Paszkowska unterliegt in der Abstimmung klar dem Antrag des Landrates.
Der Rückweisungsantrag Hösli unterliegt dem Antrag des Landrates deutlich, ebenso der Ablehnungsantrag Gisler.
Somit folgt die Landsgemeinde dem Antrag des Landrates.
Einführung Sozialinspektion, weiterer Anpassungsbedarf
Die Motion «Moderate Verschärfung des Sozialhilfegesetzes» verlangt die Schaffung von Sozialinspektionen, welche missbräuchliche Sozialhilfebezüge verhindern sollen. Sozialinspektionen können falsche oder unvollständige Angaben zu persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen aufdecken. Zudem stärkt überzeugende Missbrauchsbekämpfung das Vertrauen in die Sozialhilfe und schreckt von potenziellem Missbrauch ab. Im Sozialhilfegesetz ist dafür eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Abklärungsaufträge sollen extern vergeben werden, da die wenigen Abklärungsaufträge ein eigenes Inspektorat nicht rechtfertigten; beabsichtigt ist ein Vertrag mit einem grösseren Gemeinwesen, welches über ein solches verfügt.
Zudem wird das Sozialhilfegesetz an die neue Verwaltungsorganisation angepasst, für die seit 2006 der Regierungsrat zuständig ist. Die Kantonalisierung des Sozial- und Vormundschaftswesens erfolgte 2007. Die damit verbundenen Rechtsänderungen konnten nicht sofort vollständig umgesetzt werden. Nun sind noch verwaltungsorganisatorische Belange zu regeln und die Bewilligungsvoraussetzungen für den Betrieb eines Heimes oder einer entsprechenden Einrichtung anzupassen. Eine Bewilligungspflicht besteht erst ab fünf (statt bisher ab drei) ganztägig betreuten Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen.
Im Landrat war die Einführung eines Sozialinspektorats unbestritten, diskutiert wurde, ob die Vergabe eines Mandates auch an Private möglich sein soll; der Landrat will dies zulassen.
Einführung Schulsozialarbeit
Im Weiteren soll die Schulsozialarbeit gesetzlich verankert werden. Stimmt ihr die Landsgemeinde zu, soll der Stellenplafonds der Hauptabteilung Soziales für den neuen Fachbereich «Schulsozialarbeit» um maximal 600 Stellenprozent erhöht werden.
Die gesellschaftlichen Veränderungen beeinflussen die Schulen stark und sind zu einer pädagogischen Herausforderung geworden. Schulsozialarbeit (SSA) bildet Teil der Jugend- und Familienhilfe gemäss Sozialhilfegesetz und unterstützt Früherkennung und Bearbeitung von individuellen sozialen Problemen, um kostenintensive Spätfolgen (stationäre Unterbringung, Sozialhilfe) zu vermeiden. Sie bietet professionelle Beratungs-, Interventions- und Präventionsleistungen sowie Triagefunktionen an. Sie etablierte sich in den vergangenen 20 Jahren in der ganzen Schweiz als schulunterstützendes Angebot. Beim Pilotprojekt im Schulhaus Buchholz liessen sich rund 50 Prozent der Jugendlichen der Oberschule und der Kleinklasse, 20 Prozent der Realschule und 10 Prozent der Sekundarschule beraten. Gründe waren Sozialverhalten (z.B. Delinquenz, Diebstahl), Konflikte in der Familie (z.B. Scheidung) sowie Ängste und Depressionen. Die Evaluation zeigt Bedarf, ja Notwendigkeit. SSA ist allein Aufgabe der Sozialhilfe und keine der Volksschule und Gemeinden. Sie wird vom Kanton bereitgestellt und finanziert, während die «offene Jugendarbeit» im Sinne der Aufgabenentflechtung vollumfänglich der Gemeinde obliegt.
Die Schulsozialarbeitenden sind personell, organisatorisch und administrativ dem Departement Volkswirtschaft und Inneres (Abteilung Soziale Dienste) unterstellt und gehören der Fachstelle SSA an. Die Arbeitsgruppe SSA setzt sich aus Vertretungen der Gemeinden (Schulleitung) und der Hauptabteilung Volksschule und Sport (Fachstelle Sonderpädagogik) zusammen und berät die Fachstelle. Für die Stellendotation bildeten nicht die Richtlinien des Berufsverbandes (1 Stelle pro 375 Lernende) sondern die kantonalen Erfahrungen (1 Stelle pro 700 Lernende) die Grundlage.
Im Landrat gab die Einführung der Schulsozialarbeit zu reden. Vor allem aus finanziellen Gründen wurde ein Nichteintretensantrag gestellt, doch der Rat stimmte der Vorlage zuhanden der Landsgemeinde zu.
Anpassung von Rechtserlassen
Es geht um begriffliche Anpassungen im Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) und in jenem zum Krankenversicherungsgesetz (EG KVG), welche der Regierungsrat verbindlich festlegen soll.
Der Landrat beantragt Zustimmung zur Vorlage.
- Maria-Hanna Paszkowska
- Luchsingen
Maria-Hanna Paszkowska möchte per Antrag die Sozialinspektion aus dem Gesetz streichen. Im kleinen Kanton Glarus sei dies nicht nötig, hier kenne man sich. Sie befürchtet den gläsernen Bürger. Paszowska betont, es gebe im Kanton viel zu wenig Unterstützung für Personen in sozialen Problemlagen. Sie sei geschockt, wenn man stattdessen Geld für einen Sozialinspektor rausschmeissen wolle. In ihrer Rede beschwert sich Paszowka wortreich und lautstark über die Praxis im Sozialbereich und die Glarner Ämter.
- Toni Gisler
- Linthal
Toni Gisler beantragt, die Einführung der Schulsozialarbeit abzulehnen. Er bestreite nicht, dass sich die Gesellschaft wandelt. Dies zeige sich auch an den Schulen. Die Lehrer würden zunehmend belastet. Er wisse nicht, ob die Schulsozialarbeit diese Probleme lösen könne. Für ihn sei es aber wichtig, dass die Gemeinden und der Kanton finanziell gesund seien. Und hier sei das Nötige vom Wünschbaren – in Gislers Augen die Schulsozialarbeit – zu trennen. Ausserdem handle es sich bei diesem Thema um ein gesellschaftliches Problem. Um dieses zu lösen, seien alle gefragt. Man müsse sich den Problemen im Umfeld stellen.
- Paul Hösli
- Niederurnen
Paul Hösli stellt den Antrag, den Teil der Vorlage mit der Schulsozialarbeit zur Überarbeitung zurückzuweisen. Es brauche etwas, aber nicht soviel. Nach der Rückweisung solle die Regierung die Schulsozialarbeit im Bildungsgesetz statt im Sozialhilfegesetz verankern, dort sei sie am passenderen Ort. Die Schulsozialarbeit gehöre schliesslich auf die Gemeindeebene. Die Gemeinden sollten autonom darüber entscheiden können. Dafür seien sie die bessere Instanz als der Kanton.
- Martin Landolt
- Näfels
Martin Landolt stellt im Namen der kantonalen BDP den Antrag, die Schulsozialarbeit abzulehnen. Es gehe dabei allein um die Zuständigkeit. Laut ihm sollen die Gemeinden dafür verantwortlich zeichnen. Deshalb solle man das Geschäft nicht zurückweisen, wie Paul Hösli dies verlangt hat, sondern ablehnen. Wenn die Gemeinden zuständig seien, könnten sie massgeschneiderte Lösungen treffen.
- Vreni Hürlimann
- Schwanden
Vreni Hürlimann stellt sich hinter die Vorlage des Landrates. Die Erziehung der Kinder in der Familie funktioniere meistens. Wo dies aber nicht der Fall sei, trage die Gesellschaft die Verantwortung. Als Jugendanwältin weist Hürlimann darauf hin, dass viele ihrer Klienten aus schwierigen Verhältnissen stammen. Je früher man das Problem erkenne und entsprechend eingreife, desto besser. Prävention mithilfe der Schulsozialarbeit sei billiger als allfällige Intervention zu einem späteren Zeitpunkt. Ausserdem plädiert Hürlimann für die Angliederung der Schulsozialarbeit beim Kanton.
- Christine Oswald
- Näfels
Christine Oswald unterstützt den Antrag zur Einführung der Schulsozialarbeit. Als langjährige Lehrerin sei sie davon überzeugt. Die Zeiten hätten sich geändert. Heute seien Lehrer mit anderen Problemen konfrontiert als früher, unter anderem weil die soziale Kontrolle heute weniger eng als früher sei. Wohl seien Lehrer auch heute noch die Bezugspersonen für die Kinder, doch bei grösseren Problemen einzelner Schüler sei Unterstützung durch die Schulsozialarbeit nötig, da der Lehrer für die ganze Klasse da sein müsse. Schulsozialarbeiter seien spezifisch für ihre Arbeit ausgebildet, würden Interventionstechniken kennen und hätten die notwendigen Distanz und Unabhängigkeit.
- Hansueli Zweifel
- Glarus
Hansueli Zweifel beantragt, der Vorlage unverändert zuzustimmen. Die Vorlage soll nicht verschoben werden, die Schulsozialarbeit soll beim Kanton angegliedert werden. Zweifel kritisiert, dass es wie so oft, wenn es um Kinder geht, nicht mehr um das Wohl derselben geht, sondern um Ideologie. Zweifel spricht als Kinderarzt aus Sicht der Betroffenen. Es gebe Kinder, die keine Anlaufstelle hätten, wenn sie in Not sind. Genau für sie müsse die Schulsozialarbeit da sein.
- Marianne Dürst Benedetti
- Landesstatthalter
Frau Landesstatthalter Marianne Dürst Benedetti, betont, dass es Sinn mache, dass die Schulsozialarbeit beim Kanton angesiedelt sei. Auch der übrige Sozialbereich liege beim Kanton. Sie verweist auf die immens hohen Kosten, welche Platzierungen von Jugendlichen verursachen würden. Könne man dort einsparen, liesse sich die Schulsozialarbeit locker finanzieren. Auch wenn die Jugendlichen dank der Schulsozialarbeit später keine Sozialhilfe beziehen müssten, könne Geld eingespart werden. Da die Kosten im Fall von Platzierungen oder bei der Sozialhilfe beim Kanton anfielen, solle man die Schulsozialarbeit nicht an die Gemeinden delegieren.