Traktandum 7
Änderung des Steuergesetzes (Memorialsantrag "Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländerinnen und Ausländer")
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Die Landsgemeinde folgt nach dreimaligem Abstimmen dem Landrat und der Regierung und erhält die Pauschalbesteuerung bei.
Der Landsgemeinde wird eine Änderung des Steuergesetzes unterbreitet, mit welcher Bundesvorgaben umgesetzt (Abzug von Zuwendungen an politische Parteien, Besteuerung von Grundstückgewinnen ausserkantonaler juristischer Personen) und politische Vorstösse behandelt werden (Motion zur Erhöhung des Abzugs für Kinderfremdbetreuungskosten, Memorialsantrag zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländerinnen und Ausländer).
Memorialsantrag «Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländerinnen und Ausländer»
Die Grünen reichten 2010 einen Memorialsantrag zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländerinnen und Ausländer ein, da die Besteuerung nach dem Aufwand ungerecht sei, den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletze und den ausländischen Staaten Steuersubstrat entziehe. – Die Pauschalbesteuerung hat für den Kanton fiskalische und volkswirtschaftliche Bedeutung. Fünf pauschalbesteuerte Personen bezahlten 2010 insgesamt rund 450’000 Franken Steuern. Diese Steuerbelastung basiert auf einem durchschnittlichen steuerbaren Einkommen von etwa 300’000 Franken und einem durchschnittlichen steuerbaren Vermögen von etwa 4 Millionen Franken. Die Pauschalbesteuerten leisten einen überproportional grossen finanziellen Beitrag an die Infrastruktur und beanspruchen die Dienstleistungen des Kantons und der Gemeinden nur in geringem Mass. Zudem haben sie dem einheimischen Gewerbe Aufträge verschafft. Landesweite Abklärungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung lassen einen Beschäftigungseffekt von 20 mit der Pauschalbesteuerung indirekt zusammenhängenden Stellen im Kanton errechnen. Auf Bundesebene sind Bestrebungen im Gange, um die Besteuerungsgrundlagen zu erhöhen und mehr Steuereinnahmen von ihnen zu erhalten. – Der Kanton Glarus lehnte sich immer an die Bundeslösung an. Sie ist dem Alleingang vorzuziehen, ansonsten droht nach der Erfahrung im Kanton Zürich ein Wegzug der Pauschalbesteuerten, was Steuerausfälle brächte, die konsequenterweise kompensiert werden müssten.
Erhöhung Abzug Kinderfremdbetreuungskosten
Eine Motion der FDP-Landratsfraktion will die Abzüge pro fremd betreutes Kind unter zwölf Jahren auf maximal 10’000 Franken erhöhen; die Landsgemeinde beschloss 2006 einen Sozialabzug von maximal 3000 Franken. Etwas mehr als ein Prozent aller Steuerpflichtigen machten davon Gebrauch, der Steuerausfall von 75’000 Franken ist im Vergleich zum Gesamtsteueraufkommen von 115 Millionen Franken marginal. Bei der direkten Bundessteuer gilt ab laufendem Jahr eine Entlastung bis höchstens 10’000 Franken für die Drittbetreuung jeden Kindes, welches das 14. Altersjahr noch nicht erreicht hat. Das kantonale Steuergesetz soll daran angepasst werden. Es wird mit einem Steuerausfall für Kanton und Gemeinden von 175’000 Franken gerechnet.
Änderung des Steuergesetzes aufgrund von Bundesvorgaben
Die Teilbesteuerung der Dividenden für qualifizierte Beteiligungen zur Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung – im Kanton Glarus seit 1. Januar 2007 in Kraft – muss an die Unternehmenssteuerreform II angepasst werden. – Das Bundesgesetz über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien gestattet es, Mitgliederbeiträge und Zuwendungen an politische Parteien bis zu 10’000 Franken pro Steuererklärung von den Einkünften abzuziehen. Die Kantone haben es innert zwei Jahren nachzuvollziehen. – Gewinne aus der Veräusserung von Grundstücken juristischer Personen, die im Kanton lediglich wegen ihres Grundeigentums steuerpflichtig sind, dürfen aufgrund neuer bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht mehr der Grundstückgewinnsteuer unterliegen. Der Gewinnsteuersatz für Vereine, Stiftungen und übrige juristische Personen sowie Anlagefonds mit direktem Grundbesitz wird reduziert. Die sehr bescheidenen Steuerausfälle sind mangels Anhaltspunkten nicht zu beziffern.
Der Landrat diskutierte die Pauschalbesteuerung und die Abzugshöhe für Kinderfremdbetreuungskosten kontrovers. Er empfiehlt, die Abschaffung der Pauschalbesteuerung abzulehnen. Hingegen unterstützt er den regierungsrätlichen Vorschlag, wie der Bund einen Abzug von maximal 10’000 Franken pro fremd betreutes Kind bis 14 Jahren zu gewähren; die Kommission hatte nur 5000 Franken vorgeschlagen.
- Myrta Giovanoli
- Landrätin, Ennenda
Landrätin Myrta Giovanoli beantragt im Namen der Grünen die Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländer im Kanton Glarus. Es sei eine Frage der Gerechtigkeit, dass auch Ausländer aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden – so wie die Schweizer Bürger auch. Ausserdem sei die Pauschalbesteuerung der einzige Grund, weshalb sich die Ausländer hier niederlassen würden. Sie würden sich nicht unbedingt am Leben hier beteiligen. Würde die Pauschalbesteuerung abgeschafft, würden sie wegziehen. Das sei aber nicht schlimm, da die Einkünfte aus den Pauschalbesteuerten lediglich 0,5 Prozent des gesamten Steueraufkommens ausmachen würden.
- Marius Twerenbold
- Mollis
Marius Twerenbold verweist auf den Kanton Zürich: Dort hätten die reichen Ausländer nach der Abschaffung der Pauschalbesteuerung sofort die Koffer gepackt. Auch die fünf Glarner Pauschalbesteuerten würden wohl den «Ausgang» aus dem Kanton schnell finden. Nebst den Steuern, welche die Reichen dem Kanton brächten, würden sie auch überdurchschnittlich viel investieren. Davon profitierten etwa die Bauwirtschaft oder die Detaillisten. 20 Arbeitsstellen hingen überdies direkt von den Pauschalbesteuerten ab. Um den Wegzug eines Pauschalbesteuerten zu kompensieren, brauche es sechs neue Durchschnitts-Steuerzahler, so Twerenbold.
- Marco Kistler
- Niederurnen
Marco Kistler beantragt die Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Er argumentiert, dass nur die Superreichen, also jene, die ohnehin schon genug hätten, von der Pauschalbesteuerung profitieren würden. Es sei ein Unding, dass zugunsten dieser Superreichen gar eigene Gesetze geschaffen würden. Es gebe keine Gründe für die Bevorteilung von Vermögenden gegenüber «Normalsterblichen». Auf genau jene müsse man aber die Politik ausrichten, weil diese den Staat brauchen würden – im Gegensatz zu den Superreichen.
- Fabian Figi
- Betschwanden
Laut Fabian Figi hat die Pauschalbesteuerung keinen allzu grossen Stellenwert, da es momentan nur um fünf Personen im Kanton geht. Man solle diese beibehalten findet er. In Zürich hätten nach der Abschaffung der Pauschalbesteuerung 50 Prozent der Betroffenen den Kanton verlassen. Dies würde auch Glarus drohen. Die Pauschalbesteuerung biete die Chance, noch mehr gute Steuerzahler anzulocken, betont er. Dies sei ein Standortvorteil gegenüber Zürich, den man nicht preisgeben solle.
- Hans-Jörg Marti
- Nidfurn
Hans-Jörg Marti beantragt die Ablehnung des Memorialsantrags. Es gebe klare gesetzliche Grundlagen für Pauschalbesteuerungsabkommen mit Ausländern, von Willkür könne keine Rede sein. Ausserdem würde mit der Abschaffung nicht mehr Einkommenssteuern in die Kantonskassen fliessen, da Pauschalbesteuerte per Definition nicht in der Schweiz erwerbstätig sein dürfen. Auch müsse man die Tatsache miteinbeziehen, dass die Pauschalbesteuerten auch einen volkswirtschaftlichen Einfluss hätten – sie würden viel Geld hier ausgeben.
- Karl Stadler
- Landrat
Karl Stadler Schwändi, bezeichnet die Pauschalbesteuerung als ungerecht. Man brauche das Geld daraus für die Kantonsfinanzen nicht. Der Kanton könnte den Wegfall der Gelder verkraften. Mit der Pauschalbesteuerung mache man sich abhängig von einigen reichen Ausländern – wozu das führen könne, habe man bereits bei den Holdings gesehen. Die Glarner Steuern seien auch ohne Pauschalbesteuerung konkurrenzfähig, findet er zudem.
- Rolf Widmer
- Regierungsrat, Bilten
Regierungsrat Rolf Widmer argumentiert für die Ablehnung des Memorialsantrags. Er hält fest, dass die Pauschalbesteuerung nicht nur für Superreiche in Frage kommt. Die gesetzlichen Grundlagen sind bekannt. Ausserdem seien die Pauschalbesteuerten keine Steuerflüchtlinge, da diese ihr Einkommen im Ausland auch dort versteuern. Er verstehe, dass das Volk eine gewisse Ungerechtigkeit sehe. Doch könne das Problem nicht auf kantonaler Ebene gelöst werden, weil so das Problem nur verlagert würde. Der Bund sei in dieser Sache aktiv geworden.
- Thomas Kistler
- Niederurnen
Thomas Kistler votiert als Präsident der zuständigen Landratskommission gegen die Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Eine Mehrheit des Landrates befürchte einen Wegzug von reichen Ausländern und damit finanzielle Einbussen. Nebst den Steuern würden die Pauschalbesteuerten auch durch ihre Ausgaben Geld in den Kanton bringen.