Traktandum 19
A. Änderung der Verfassung des Kantons Glarus
B. Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (neu)
C. Gesetz über die Anpassung des kantonalen Rechts an die Schweizerische Zivilprozessordnung
Video
Die Landsgemeinde folgt dem Antrag des Landrates.
Die neue Bundeszivilprozessordnung (ZPO) bringt ein einheitliches Zivilverfahren; die 26 kantonalen Zivilprozessordnungen werden aufgehoben. Die Kantone bleiben zuständig für die Organisation der Gerichte und der Schlichtungsbehörden. Da der Kanton Glarus in Zivilsachen schon bisher über eine zweistufige Gerichtsorganisation verfügte (Kantonsgericht und Obergericht), sind nur wenige Anpassungen notwendig. Der Grundsatz, dass eine Streitsache von zwei kantonalen Instanzen beurteilt sein muss, bevor sie an das Bundesgericht weitergezogen werden kann, ist konsequent umzusetzen. Die ZPO basiert auf den folgenden Prinzipien:
– Die Gerichtsorganisation bleibt Sache des kantonalen Rechts. Die einheitliche ZPO beschränkt sich auf die Regelung des Verfahrens. Auch für das Tarifwesen (Gerichtskosten und Anwaltskosten) bleiben die Kantone zuständig. – Das einheitliche Recht soll für die Kantone kostenneutral umsetzbar sein. Die Kantone brauchen keine neuen Gerichte einzuführen (z. B. Handels-, Miet-, Arbeitsgericht). – Die Parteien haben zuerst einen Schlichtungsversuch durchzuführen oder sich einer Mediation zu unterziehen, ehe sie das urteilende Gericht anrufen. Schlichtungsbehörde können die bisherigen Vermittlerämter sein. Sie können Bagatellstreitigkeiten entscheiden.
Das 23 Artikel umfassende Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EG ZPO) setzt diese Änderungen um. Die kantonale ZPO von 2001 wird hinfällig. Anzupassen sind die Verfassung und vor allem das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), sowie die Einführungsgesetze zum Zivilgesetzbuch, zum Obligationenrecht, zum Miet- und Pachtrecht sowie zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs.
Die ZPO stärkt die aussergerichtliche Streitbeilegung und hält den Grundsatz «zuerst schlichten, dann richten» hoch. Sie erklärt das Schlichtungsverfahren im Grundsatz als obligatorisch. Neu sind – analog der Gemeindestruktur – nur noch drei Vermittlerämter mit Stellvertretung vorgesehen; der Name «Vermittler» wird beibehalten (statt «Friedensrichter»). Die Vermittler bleiben nebenamtlich tätig, was aufgrund der Fallzahlen möglich ist (Glarus Nord 100, Glarus Mitte 75, Glarus Süd 40). Die paritätischen Schlichtungsbehörden (Mietsachen, Gleichstellung) bleiben Sache des Kantons. Über kleinere vermögensrechtliche Streitigkeiten bis 2000 Franken kann neu die Schlichtungsbehörde auf Antrag der klagenden Partei entscheiden.
Das 1990 eingeführte zweistufige Zivilverfahren mit Kantons- und Obergericht wird beibehalten. Die Gerichte werden weiterhin von zwei vollamtlichen Kantons- und einem nebenamtlichen Obergerichtspräsidenten geleitet. Es werden keine Spezialgerichte (Arbeits-, Miet-, Handelsgericht) geschaffen, da diese nicht genügend ausgelastet wären. Hingegen wird die Spruchkompetenz des Einzelrichters von 8000 auf 30 000 Franken erhöht.
Die Zivilkammern des Kantonsgerichts entscheiden wie bisher in der Besetzung mit Präsident und vier Mitgliedern, jedoch erst ab einer bundesrechtlich vorgeschriebenen Streitwertgrenze von 30 000 Franken. Neu urteilt das Obergericht über Berufungen in Fünferbesetzung und über Beschwerden in Dreierbesetzung (wie im neuen Strafprozessrecht).
Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, der Vorlage zuzustimmen.
Es gibt keine Wortmeldungen.